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Von Schreibgriffel bis Gabelstütze – Der Tag der offenen Baustelle gab ganz besondere Einblicke in das frühere und heutige Kultur|Kloster|Kyritz

Mehr als 50 Interessierte kamen am 16. April auf die Baustelle des Kultur|Kloster|Kyritz, um aus erster Hand Informationen zu den archäologischen Funden und den Stand der Bauarbeiten zu erhalten.

 

In den vergangenen Wochen wurde die Baugrube für das künftige Veranstaltungsgebäude ausgehoben. Dieser wird sich künftig zwischen dem historischen Klausurflügel und der Stadtbibliothek befinden und optisch als Verbindungsglied wirken. In dem unterkellerten Neubau werden sich nach Fertigstellung auch Treppenhaus, Fahrstuhl, Toiletten und Heizungsanlage für den Klausurflügel befinden, um den historisch wertvollen Teil des früheren Klosters von diesen Einbauten freizuhalten. 

 

Die Baugrube ist derzeit bis auf 2,5 Metern Tiefe ausgehoben. Die Archäologen arbeiteten in den vergangenen Wochen auch bei intensivem Regenwetter unermüdlich, legten Funde frei, dokumentierten, sicherten Befunde, fotografierten, zeichneten. Bis Ende April werden sie in diesem Bereich ihre Arbeiten beenden. Die Baugrube muss jedoch noch auf eine Tiefe von vier Metern erweitert werden. Auch dann werden die Archäologen baubegleitend im Einsatz sein.

 

Archäologe Dietmar Rathert von der pmp Projekt GmbH aus Brandenburg an der Havel erläuterte an der Baugrube kleine und große Funde und erklärte die verschiedenen Erdschichten und sichtbare Farbänderungen. Diese weisen beispielsweise auf Häuserbrände, Feuerstädten, Laufhorizonte oder frühere Holzwände. 

 

Direkt an der Stadtmauer befanden sich nach den Untersuchungen eine typische Wallbefestigung (Lehmwall mit Holzpalisaden) und bereits im Mittelalter Häuser von diverser Nutzung. Diese sind wohl mehrfach abgebrannt bzw. wurden abgetragen und dann neu errichtet. Die meisten Kyritzer werden sich noch an die bis 2017 vorhandenen Gebäude der früheren Wäscherei erinnern. 

 

Gefunden wurde in der Baugrube unter anderem ein imposanter Hauskeller mit enormer Tiefe, fünf Metern Länge und mindestens drei Metern Breite. An kleineren, aber besonderen Funden gab es beispielsweise lasierte Steine.

 

Ein von den Maßen her winzig kleiner, jedoch umso mehr überregional bedeutender Fund ist ein mittelalterlicher Schreibgriffel mit Knochenschafft und Eisenspitze. An dem Schreibgriffel wurde oben ein Gesicht eingeschnitzt. Das ist in dieser Größe ist eine kleine Besonderheit und nach Aussage von Dietmar Rathert daher ein außerordentlicher Fund.

 

Nach der Präsentation dieses besonderen Fundes ging es für die Besucher über den späteren Klosterplatz zum historischen Klausurflügel. Dort gab es anhand einer Bilderpräsentation weitere Einblicke in die Funde aus der Baugrube des Veranstaltungsgebäudes. Ergänzend wurden Grabungen und Funde aus dem vergangenen Jahr präsentiert, als der Klausurflügel komplett unterfangen und seine Fundamente erneuert wurden. Die Öffnungen wurden nach Beendigung der Arbeiten bereits wieder verschlossen.

 

Gefunden wurde bei diesen Arbeiten der Ansatz für den Nordflügel des früheren Franziskanerklosters, der darauf hinweist, dass das Kloster früher einen Kreuzgang hatte. Ausgegraben wurde auch ein großer Gewölbekeller, der vermutlich als Vorratskeller diente. An der Westseite des Klausurflügels wurde eine mittelalterliche Grabanlage entdeckt.

 

Im wiederentdeckten Treppenhaus bzw. Gang zwischen dem Klausurflügel und der Nordwand der Klosterkirche wurde ein Leder-Ball gefunden - gefüllt mit Tierhaaren. Dessen Ursprung wird derzeit noch analysiert. Der Gang selbst wird später im Jungen Museum durch ein Podest begehbar sein und einen besonderen Blick auf die Nordwand der Klosterkirche bieten. 

 

Bei der Führung wurde betont: Der Klausurflügel selbst wird im künftigen „Jungen Museum“ auch als Ausstellungsobjekt dargestellt. Dafür werden an den Wänden sogenannte „Befundfenster“ sichtbar gemacht, die auch durch Lichtillumination interessante Einblicke in die historische Bausubstanz geben werden.

 

Mit der erst kürzlich vollständig freigelegten und gesicherten hölzernen Gabelstütze wurde den Gästen der Führungen eine ganz besondere und seltene Variante präsentiert, eine Decke zu stützen. Sie wird nach Sanierung den Blickfang im Bereich „Touristinformation / Museumsshop“ sein.

 

Lara Horn, die für die Klosterbaustelle verantwortliche Mitarbeiterin des Amtes für Stadtentwicklung und Bauen der Stadtverwaltung Kyritz, informierte die Gäste über den Stand der Sanierungsarbeiten:

 

Die HTI Hoch-, Tief- und Ingenieurbau GmbH aus Havelberg wird nach Abschluss der Grabungsarbeiten den Rohbau für das Veranstaltungsgebäude errichten. 

 

Am historischen Klausurflügel wurde In der letzten Märzwoche das Gerüst gestellt. Im April wurde durch die Dachdecker der Bauring Hochbau GmbH aus Neuruppin das Dach in der Breite des Laubengangs abgedeckt. Ungefähr die Hälfte der Dachziegel wird künftig für die Eindeckung des neuen Veranstaltungsgebäudes genutzt.

 

Die Zimmermänner der Denkmalbau GmbH aus Ettersburg beginnen im Mai mit der Instandsetzung der Dachbalken, Deckenbalken, des Laubenganges und der Gabelstütze. Um die Statik zu verbessern, werden Deckenbalken erneuert und Stahlbalken eingezogen. Der instandgesetzte Laubengang wird als zweiter Fluchtweg dienen. Für die Sicherheit im Fluchtweg wird eine feuerfeste Schicht sorgen. Diese wird durch eine Holzhülle mit der Anforderung „90 Minuten feuerwiderständig“ gewährleistet. 

 

Im Inneren des Gebäudes wurde von der Raumausstatter Kiekbach GmbH aus Dannenwalde begonnen, die Holzdielen herauszunehmen und zu sichern. Diese werden aufbereitet und anschließend wieder eingebaut. 

 

Bis Ende 2027 sollen die Arbeiten am Kultur|Kloster|Kyritz abgeschlossen sein. Ein großer Teil der Baumaßnahme wird aus Mitteln der Städtebauförderung durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen und durch das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg sowie aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) finanziert. So werden beispielsweise die Baukosten des Klausurflügels zu 100 Prozent durch Fördermittel gedeckt. Bei anderen Bereichen gelten differenzierte Fördersätze. Bürgermeisterin Nora Görke freut sich: „Allein durch die neue Bibliothek sind vier Millionen Euro an Fördermitteln in unsere Region geflossen sind.“

Fotoserien

Tag der offenen Baustelle im Kultur|Kloster|Kyritz (MI, 17. April 2024)

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Kyritz
Do, 18. April 2024

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